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Stadtbäume und Klima

Großer Stadtbaum, dessen Krone einen innerstädtischen Platz beschattet.
Bäume erfüllen in der Stadt wichtige Funktionen. Beispielsweise spenden sie Schatten und kühlen so im Sommer das Stadtklima herunter. Foto Andreas Zehm

Das zarte Maigrün im Frühling, das dichte Blätterdach im Sommer oder die Farbenpracht im Herbst – für ein einladendes Stadtbild sind Bäume unverzichtbar. Jenseits ihrer Schönheit bieten Bäume noch weitere Vorteile: Sie bringen die Natur in das ansonsten künstliche Umfeld der Städte. Allein ihre Anwesenheit wirkt beruhigend und entspannend auf jeden Menschen. Besonders Laubbäume filtern mit ihren großen Blättern Feinstaub und Schadstoffe aus der Luft, dämpfen den Lärm der Stadt und bieten Sichtschutz in eng bebauten Vierteln. Im Sommer wirken sie wie natürliche Klimaanlagen, die Schatten spenden und durch die Verdunstung von Wasser die Temperaturen um mehrere Grad senken.

Unsere Kultur- und Siedlungsgeschichte ist ebenfalls eng mit Bäumen verwoben. Bis in die frühe Neuzeit hinein fanden Dorfgerichte oder andere Versammlungen nicht selten an zentralen Orten unter sogenannten Gerichtslinden statt. Auch heute noch markieren Alleen aus stattlichen Bäumen besonders prachtvolle Straßenzüge und lenken die Blicke entlang von Sichtachsen. Als Bild für das Geschenk des Lebens pflanzen viele Menschen zur Geburt eines Kindes einen Baum – um nur ein paar wenige Beispiele für den Einfluss von Bäumen auf unsere Kultur zu nennen.

Bäume haben aber auch für Lebewesen fernab der Menschheit wichtige Funktionen. Egal ob Vögel, Fledermäuse, Insekten, Pilze oder Flechten – viele Organismen bewohnen Bäume und findet hier Schutz oder Nahrung. Je älter und knorriger die Bäume sind, umso eindrucksvoller ist ihr Anblick und umso wertvoller sind sie für die Artenvielfalt der Städte.

Stadtbäume im Wandel

Der Klimawandel macht es Stadtbäumen nicht leicht: Sie müssen mit ungewohnter Hitze, weniger Wasser und einwandernden Schädlingen und neuen Krankheiten zurechtkommen. Gleichzeitig werden Bäume in der Stadt aber wegen der steigenden Temperaturen und anderer Umwelteinflüsse immer wichtiger für das menschliche Wohlbefinden, denn sie mildern die Temperatur in den aufgeheizten Häuserschluchten.

Einige Baumarten, die aktuell häufig in unseren Städten zu finden sind, haben bei andauernden klimatischen Veränderungen keine Zukunft: Hänge-Birken benötigen viel Wasser, Rotbuchen eine hohe Luftfeuchtigkeit und den Wald-Kiefern wird bei zunehmender Hitze und Trockenheit vermutlich das Diplodia-Triebsterben (eine Pilzerkrankung) zu schaffen machen.

Auch Stiel-Eichen und Vogel-Kirschen werden vermutlich Probleme mit den veränderten Umweltbedingungen bekommen. Vielversprechend sind dagegen heimische Arten, die von Natur aus gut mit Wärme und Trockenheit klarkommen. Diese Arten würden auch künftig gute Lebensbedingungen in unseren Städten finden:

  • Feld-Ahorn
  • verschiedene Arten aus der Gattung der Vogelbeeren (z.B. Echte Mehlbeere, Elsbeere)
  • Trauben-Eiche
  • Hainbuche

Der Klimawandel führt bereits jetzt dazu, dass sich Arten aus dem nördlichen und östlichen Mittelmeerraum bei uns ausbreiten. Es ist davon auszugehen, dass sich auf absehbare Zeit mehrere Baumarten bei uns ansiedeln werden, die zugleich an Wärme und Trockenheit angepasst und gegen winterlichen Frost wenig anfällig sind. Sollten heimische Baumarten in den Städten zunehmend an ihre ökologischen Grenzen stoßen, so ist es naheliegend, unter den „Neuankömmlingen“ nach geeigneten Ersatzkandidaten zu suchen. Diese wären beispielsweise:

  • Französischer Ahorn
  • Blumen-Esche
  • Flaum- und Zerr-Eiche sowie Ungarische Eiche
  • Europäische Hopfen-Buche
  • Ess-Kastanie

Risiken durch das Einführen außereuropäischer Arten

Kritisch kann es dagegen sein, Arten aus dem nordamerikanischen oder ostasiatischen Raum zu pflanzen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass insbesondere Arten aus diesen Regionen negative Auswirkungen auf das Artgefüge unserer Ökosysteme haben können, indem sie heimische Arten verdrängen, oder oft noch schlimmer, neue Schädlinge oder gar Krankheiten mitbringen. Im Vergleich zu heimischen Baumarten beherbergen solche Bäume häufig auch viel weniger Tierarten, wodurch die Artenvielfalt insgesamt deutlich sinkt. Einige Baumarten, die Hitze, Trockenheit oder Salz sehr gut tolerieren, sind dadurch zwar potenziell für den Einsatz in Städten geeignet, gefährden aber bereits heute einige Ökosysteme in Europa. Beispiele hierfür sind der aus China stammende Götterbaum, die amerikanische Gleditschie aber auch die ebenfalls aus den USA stammende Gewöhnliche Robinie. Durch die enge Verzahnung der Städte mit ihrem Umland kann zudem die Ausbreitung dieser „neuen“ Arten auf Dauer nicht verhindert werden. Daher sollte aus Vorsorge nur in gut begründeten Fällen auf fremdländische Arten zurückgegriffen werden.

Die besten Bedingungen für Stadtbäume

Das Bild zeigt einen Baum inmitten einer gepflasterten Fläche
Dieses Bild ist schön anzusehen aber kein gutes Beispiel. Das Wurzelsystem eines Baumes ist grundsätzlich so groß wie seine Laubkrone, wird hier aber nur durch einen kleinen Gitterrost mit Luft und Wasser versorgt. Foto Andreas Zehm

Die Auswahl geeigneter Arten ist jedoch nicht die einzige Stellschraube, an der gedreht werden kann, um die Zukunft der Stadtbäume zu sichern. Gesunde und starke Bäume brauchen mehr Platz für ihre Wurzeln. Der Wurzelraum sollte unversiegelt, unverdichtet und gut belüftet sein. Im besten Fall sollten die Baumgruben Teil von extensiv genutzten Grünstreifen sein – hiervon profitieren nicht nur die Bäume, sondern auch viele Insektenarten, die in Böden, Wiesen oder Laubhaufen überwintern. Eine solche grüne Infrastruktur dient zudem der besseren Versickerung von Regenwasser und schlägt so zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie hilft bei Starkregenereignissen die Wassermassen zu bewältigen und gewährleistet gleichzeitig, dass die Bäume besser mit Wasser versorgt werden.

Neben dem Prüfen der Eignung der Arten und dem Verbessern der Lebensbedingungen ist die Zusammensetzung der Arten ein wichtiger Ansatzpunkt. Hier gilt: Je vielfältiger, desto besser! Sind unsere Straßenzüge mit der immer gleichen Baumart bepflanzt, so haben Schädlinge und Krankheiten ein leichtes Spiel. Vielfalt bremst deren Ausbreitung und reduziert die negativen Folgen, falls doch eine Art ausfallen oder mit den Lebensbedingungen in der Stadt nicht mehr zurechtkommen sollte.

Weiterführende Informationen

Interview mit Dr. Susanne Böll und Dr. Andreas Zehm – „Quo vadis Biodiversitätsschutz? Einheimische Stadtbäume im Klimawandel“ in ANLIEGEN Natur 43(1) (2021):
Aktionsleitfaden „Zukunftschancen für Freund Baum. Basisinformationen, Handlungsempfehlungen und Aktionsvorschläge für die Erhaltung, Pflege und Neupflanzung von Bäumen im Siedlungsbereich“ von Helmut Schultheiß, BUND Naturschutz in Bayern e. V. (2017):