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Spätestens seit 2017 dürfte es jeder wissen: unsere Insektenvielfallt nimmt dramatisch ab. Zahlreiche Artikel, Rundfunk- und Fernsehbeiträge führten deutlich vor Augen, dass die aus Kindertagen vertraute Vielfalt an bunten Schmetterlingen, zirpenden Grashüpfern und summende Hummeln rasant verloren geht.
Bereits 2013 stellte beispielsweise der Entomologische Verein Krefeld anhand einer langjährigen Untersuchung einen gravierenden Rückgang der Biomasse an Insekten um bis zu 80 % in den letzten 30 Jahren fest. Dies trifft nicht nur für das ferne Krefeld zu. Eine Reihe von Studien bestätigen diesen negativen Trend, der sich gegenwärtig verstärkt fortsetzt. So zeigte eine langjährige Untersuchung am Randecker Maar in Südwestdeutschland, dass gerade die Anzahl von Schwebfliegen, die neben Bienen einen wichtigen Beitrag zur Bestäubung leisten, um ganze 97 % abgenommen hat. In Bayern konnte eine Untersuchung zu Schmetterlingen ebenfalls einen drastischen Rückgang dokumentieren.
Auch die Roten Listen der gefährdeten Insektenarten Bayerns sprechen eine deutliche Sprache: Durchschnittlich 40 % der erfassten Insektenarten sind gefährdet oder bereits ausgestorben. Dabei wurde bisher nur knapp die Hälfte der heimischen Insektenfauna bewertet. Für die andere Hälfte liegen noch zu wenige Kenntnisse vor. Besonders hohe Verluste verzeichnen zwei Artengruppen: Auf bestimmte Verhältnisse spezialisierte Insekten und solche die nährstoffarmen und bedrohten Lebensräume wie Magerrasen oder lichte Wälder besiedeln. Der Rückgang der Arten macht dabei auch vor den ehemaligen „Allerweltsarten“ nicht Halt. Nicht nur in Schutzgebieten, sondern auch im überwiegenden nicht besonders geschützten Teil der Landesfläche (Agrar- und „Normallandschaft“) macht sich das Insektensterben drastisch bemerkbar.
Die Tiergruppe der Insekten zeichnet sich durch eine außerordentliche Artenvielfalt aus. Sie machen rund 77 % der gesamten Tierwelt in Bayern aus. Die enorme Bedeutung der Insekten zeigt sich an der Tatsache, dass wir ohne sie als elementarem Teil des Ökosystems nicht überleben könnten:
Als Hauptgründe für den Insektenrückgang sind insbesondere der Lebensraumverlust sowie der Wandel in der Landnutzung durch zunehmende Intensivierung zu nennen. Hauptursachen für den Rückgang der Insekten sind folgende Faktoren:
Da die massive Abnahme der Insektenbiomasse während der letzten 30 Jahre nun durch zahlreiche Studien nachgewiesen ist, muss der Naturschutz prüfen, ob nicht andere Prioritäten gesetzt und andere Strategien verfolgt werden müssen als bisher. Es geht nicht mehr vordringlich um die Erhaltung gefährdeter Arten, sondern um die gesamte Artenvielfalt. Auch sehr häufige Arten müssen langfristig gesichert werden, weil viele von ihnen eine Schlüsselfunktion im Ökosystem erfüllen.
Die Artenvielfalt muss nicht nur bewahrt werden, da sie für ausreichend Nahrung auf der Erde sorgt und als Wirtschaftsgrundlage dient. Sie ist auch deshalb zu erhalten, weil sie ein Teil unserer einzigartigen Natur- und Kulturlandschaft ist. Insbesondere die Herausforderungen durch den Klimawandel machen deutlich, wie sehr sich die Menschheit anstrengen muss, um eine völlige Veränderung unserer Lebensumstände zu verhindern. Das Volksbegehren „Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern – Rettet die Bienen!“ 2019 zeigte deutlich den Wunsch der Bevölkerung, den Artenschwund zu stoppen und die Artenvielfalt konsequent zu schützen. Als politische Reaktion auf den öffentlichen Druck wurde am 24. Juli 2019 das neue Bayerische Naturschutzgesetz verabschiedet. Hier einige neue Regelungen des Gesetzes:
Darüber hinaus sollen die Insekten auch durch erweiterte Naturschutzförderprogramme und verbesserte Fördermöglichkeiten besser geschützt werden. Beispiele förderungswürdiger Bereiche sind Streuobstbestände, Weidetierhaltung, Teichbewirtschaftung sowie Biodiversitätsprojekte in Kommunen, Städten und mit Partnern.
Im Bericht an den Landtag „Rückgang der Insekten- und Vogelfauna in Bayern und Gegenmaßnahmen der Staatsregierung“ sind ausführliche Informationen zu folgenden Themen zusammengefasst: Die aktuelle Bestandssituation, mögliche Ursachen und Auswirkungen des Artenrückgangs, neue Monitoring- und Forschungsansätze sowie Maßnahmen der Staatsregierung zur Förderung der Insekten- und Vogelfauna.
Der Leitgedanke der bayerischen Strategie zum Insektenschutz lautet, alle wichtigen Akteure ins Boot zu holen. Nur mit gemeinsamer Anstrengung können Naturschützer, Land- und Forstwirte, Kommunen, Behörden, Verbände und Bürger die Insektenvielfalt in der Kulturlandschaft wiederherstellen.
Der „Blühpakt Bayern“ setzt dieses gemeinsame Engagement für den Erhalt des Artenreichtums beispielhaft um. Mit schlagkräftigen Partnern und in konkreten Projekten sollen neue Lebensräume für Insekten geschaffen werden. Vielfältige Aktionen wie die Blühpakt-Allianzen, die Auszeichnung „Blühende Betriebe“, das Projekt „Natürlich Bayern“ motivieren z.B. Betriebe, Vereine, Kommunen und die Bevölkerung zum aktiven Schutz von Insekten.
Detailliertere Informationen zum Blühpakt und vielfältiges Informationsmaterial zum Herunterladen stehen auf der Website www.bluehpakt.bayern.de bereit.
2019 wurde auch von der Bundesregierung ein umfangreiches Maßnahmenpaket zum Schutz von Insekten und ihrer Artenvielfalt beschlossen – das „Aktionsprogramm Insektenschutz“. Im Juni 2021 wurde das Insektenschutzgesetz mit zusätzlichen Regelungen im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) verankert. Zur Verminderung des Pestizideinsatzes wurde die Pflanzenschutzanwendungsverordnung beschlossen, die laufend angepasst wird.